Von Karen Dohr

     

    Alles wie immer auf der 68. Ausgabe der Berlinale? Oder passiert was in Film-Deutschland? Und wenn ja, wann und unter welcher Regie?

    Solche und andere Fragen diskutierten die Vereinsmitglieder am Montag, den 19. März, in der Kantine der Weydingerstraße. In bunt gemischter Runde, zwischen langjährigen Mitgliedern und Nachwuchs, arbeiteten sich spannende Positionen zum diesjährigen Berlinale-Treiben heraus. Während gleich zu Anfang deutlich wurde, dass der Wettbewerb die Mitglieder im Vergleich zu vergangenen Jahren enttäuscht hatte, ließ sich schwerer verorten, woher dieser Eindruck stammte. Mehr Qualität, weniger Mittelmaß lautete hier die Kritik. Die einen lasteten dies vor allem dem Festivaldirektor und seinem Team an, die anderen folgten dem Argument, dass nur das kuratiert werden könne, was auch da sei, und nahmen die Produktionsmechanismen selbst in den Blick, die noch vor jeder Auswahl stünden.

    Ich habe bislang fünf Dokumentationen auf der Berlinale gesehen, von denen die meisten gut bis ziemlich gut waren (von der ein oder anderen werden wir sicher noch berichten).

    Dann sah ich The Silence of Others von Almudena Carracedo und Robert Bahar und bin mir sicher: Das ist von allen Dokumentarfilmen der Berlinale der stärkste, es sei denn, es käme noch einer von der Qualität des Meilensteins The Look of Silence von 2015 (die Namen sind ja voll ähnlich!), was ich angesichts des Programmes wirklich nicht erwarte.

    Das konservative Kino erfreut sich seit Jahrzehnten einer Konjunktur, deren Ende nicht abzusehen ist. Das nächste Spielbergsche Epos läuft ab nächster Woche in den Kinos, beim Eröffnungsfilm dieser Berlinale triumphiert Gut gegen Böse und die Kids aus Fack ju Göhte 3 sind schlussendlich brav angepasst. Solch unglaubwürdige Vereinfachungen der Welt nerven und verdecken dabei, dass das Hochhalten gewisser Ideale nicht immer restriktiv sein muss. Eine gute und vor allem unheimlich spaßige Gegenerzählung dazu bietet Feierabendbier, das Spielfilmdebüt von Ben Brummer. In dieser absurden Komödie mit Noir-Einschlägen werden nämlich die großen Erzählungen von wahrer Liebe und Glück dekonstruiert, ohne, dass Brummer dabei in einen zynischen Nihilismus abgleitet.

    Man stelle sich vor: Mehrere Bewohner eines Viertels zahlten regelmäßig einen kleinen Geldbetrag in einen Topf. Danach würde gemeinsam entschieden, wem davon etwas als erstes zukommen soll. Finanzen würden nach Notwendigkeit verteilt, Kinder lernten dieses System von den älteren Generationen und wüchsen mit dem Verständnis auf, dass Geld eine gemeinsame Angelegenheit ist…

    In Rod El Farag, einem der ärmsten Stadtteile Kairos, wird dieses System schon seit einigen Jahren in finanziellen Gemeinschaften, den sogenannten „al Gami’yas“ gelebt. Das Viertel sieht sich selbst als große Familie. Jeder Einzelne trägt die Verantwortung für den Anderen mit.

    Wie…, es gibt animierte Kinderfilme abseits von Disney und Pixar? Ja, offenbar schon, und zwar aus Dänemark, das schon lange für seine großzügige Förderung von heimischen Kinderfilmen gerühmt wird, die dort übrigens auch einen Großteil des Kinomarktes dominieren (das hat mir ein Vorstandsmitglied des Berliner Film und Fernsehverbandes so gesteckt, liebe Grüße an der Stelle). Den utrolige historie om den kæmpestore pære – Die unglaubliche Geschichte von der Riesenbirne von Philip Einstein Lipski, Amalie Næsby Fick und Jørgen Lerdam  ist genau so ein Film.

    Eine Führung durch die Haupthalle des Tempelhofer Flughafengebäudes. Eine Gruppe Besucher hört aufmerksam zu, während die Reiseführerin über Entstehung und Geschichte des THF’s spricht. Ob sie an späterer Stelle auch auf die sich nur einige Meter weiter befindenden Flüchtlingsunterkünfte eingeht, bleibt offen. Auf alle Fälle wird schon jetzt klar, dass sich hier unterschiedliche Welten begegnen. Ist ja schließlich auch ein Flughafen…

    Ibrahim erzählt, dass viele der Neuankömmlinge geschockt seien, wenn sie Tempelhof zum ersten mal sehen. Die Flughafenkulisse, mit Flugzeugrelikten und Gepäckkontrollen schüre einfach Deportationsängste. Leicht nachvollziehbar, wenn man weniger Nachvollziehbares auf seiner Flucht durchgemacht hat und Erlebtes schlichtweg hinter sich lassen möchte.

    Vom 11. bis zum 18. April findet wieder das alljährliche Festival des jungen deutschen Kinos aus Berlin und Brandenburg, das achtung berlin, statt. Dabei werden über 80 Lang- und Kurzfilme gezeigt, die in Berlin und Brandenburg entstanden sind.

    Mitgliedern des BFFV ist es möglich, sich bis zum 3. April als Verbandsmitglied zu einem vergünstigten Tarif für das Festival zu akkreditieren. 

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