Kritik zu 'Die defekte Katze' von Susan Gordanshekan (Perspektive deutsches Kino)

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Mina (Pegah Ferydoni) lebt im Iran und ist als unverheiratete Frau Mitte 30 ihren Sonderlings-Status leid. Lustig sollte er sein, ungefähr in ihrem Alter und Akademiker, der Ehemann. Diese reichlich vage Beschreibung trifft auf Kian (Hadi Khanjanpour) zu, der in Deutschland aufgewachsen ist und Mina nach der arrangierten Hochzeit zu sich holt. Dort versuchen die beiden, sich mit ihrem gemeinsamen Leben anzufreunden und Gefühle füreinander zu entwickeln. Das ist grundsätzlich eine schöne Ausgangslage für einen reflektierten Film über Geschlechterrollen, Erwartungen an Beziehungen und kulturelle Differenz. 

Zu kleinen Teilen kann Die defekte Katze, das Spielfilmdebüt von Susan Gordanshekan, diese Prämissen auch einlösen. Letztendlich krankt es aber an einem schwachen Drehbuch, das das der Grundidee innewohnende Potential nur bedingt ausschöpft.

Dabei ist Mina ein interessanter Charakter. Sie entspricht nämlich zu Kians Missfallen nicht dessen Erwartungen einer zwar selbstständigen, aber eigentlich doch liebevollen und vor allem zahmen Frau. Stattdessen widerspricht sie ihm, geht alleine schwimmen und tanzen und legt sich eine Katze mit Gendeffekt zu. Zugleich versucht sie aber auch immer wieder, ihrem Mann Zugeständnisse zu machen und Harmonie in ihre Beziehung zu bringen. Und Kian bemüht sich ebenso redlich, hadert selbst mit seinen Vorstellungen, um dann wieder aus der Haut zu fahren. Dieses Hin und Her könnte nicht nur witzige Missverständnisse bereithalten, sondern auch emotional berühren. Dafür wird die Geschichte aber nicht konsequent genug verfolgt.

So legt das Skript, das Gordanshekan selbst verfasst hat, unzählige Fäden aus und bereitet Motive vor – um sie dann liegenzulassen. Beispiel gefällig? In einer emotionalen Szene beichtet Kian seiner Frau, dass er seit der Kindheit nicht mehr geweint habe. Vielleicht könne er es gar nicht mehr. Das passt ja, dann können später beim Höhepunkt also Tränen kullern und ich bin berührt in meinem Kinosessel. Es sei denn natürlich, das Thema wird nie wieder aufgegriffen und sowohl Kians als auch meine Augen bleiben den ganzen Film über trocken. In einer gegenläufigen Bewegung brechen wiederum Handlungselemente in den Film ein, die vorher überhaupt nicht eingeführt wurden und daher reichlich forciert und deplatziert wirken. „Warst du eigentlich schonmal auf der Kirmes?“ – Ich wusste gar nicht, dass gerade Kirmes ist, und der Film ist fast zu Ende.

So bleibt die Narration beliebig und entwickelt weder für den Kopf noch für das Herz den nötigen Zug, um mehr zu sein als bloß eine gute Idee, und das Publikum tatsächlich zu bewegen. Auch die Sprachbarriere, mit der Mina konfrontiert ist, bietet zahllose Anknüpfungspunkte für eine tiefschürfende Auseinandersetzung mit Machthierarchien in zweisprachigen Beziehungen – Die perfekte Katze schneidet dies aber ebenfalls nur an. Gerade mit Blick auf die engagierte und zu weiten Teilen nuancierte Performance von Pegah Ferydoni schmerzen diese vergebenen Chancen nur umso mehr.

Sven Angene