Von F.-B. Habel
Fern von westlichem Medieneinfluss hätte Florian Kunert aufwachsen sollen, dort wo Eltern und Großeltern im Tal der Ahnungslosen ihren unauffälligen Alltag lebten in der Region, in der keine Westsender zu empfangen waren. Doch im Jahr 1989, als der DDR-Bürger Florian Kunert zur Welt kam, öffneten sich Tore und die DDR schützte ihn nicht mehr vor allerlei Einflüssen. Mit einem Jahr wurde Florian Bundesbürger, und im Dresdner Raum machten die Ex-DDR-Bürger ganz neue Erfahrungen. Das, was sie Karl-Eduard von Schnitzler nicht geglaubt hatten, wurde – zumindest teilweise – wahr. Sie hatten vielerlei Informationen zu verarbeiten, aber dafür bald nichts mehr zum Arbeiten. In Neustadt in Sachsen, einst geprägt durch das nun abgewickelte Landmaschinenkombinat „Fortschritt“, wuchs Florian unter Ex-DDR-Bürgern auf, von denen viele mit der Arbeit auch ein Stück Lebensinhalt verloren hatten. Hier hielt es ihn nicht lange. Nach der Schulzeit lebte er eine Zeitlang in Südafrika und Indonesien, studierte Film in Kuba, um dann sein Studium an der Kunsthochschule für Medien Köln abzuschließen. Er drehte Kurzfilme und legt nun seinen ersten langen Dokumentarfilm in der Forum-Sektion der Berlinale vor. Fortschritt im Tal der Ahnungslosen hat heute Premiere, ein Film über das Wechselverhältnis zwischen den ehemals „Ahnungslosen“ in seiner Heimatstadt und denen, die aus armen Teilen der Welt in Neustadt Zuflucht suchen.